Mühldorfer Anzeiger, 20. Oktober 2000

Dem Leid gedenken

Mühldorf (rob) - Sichern - Pflegen - Erschließen - Erklären - Gedenken, das sind für den Münchner Fachhochschul-Professor Johann Ebe Handlungsfelder bei der Errichtung einer Gedenkstätte am ehemaligen NS-Bunkergelände im Mühldorfer Hart. Ebe hat schon vor längerem mit Kollegen und Studenten Vorschläge erarbeitet. Vorgestellt hat Ebe das Konzept am Dienstag bei einer Podiumsdiskussion über die Zukunft des Geländes (wir berichteten).

Grundsätzlich befürwortet Ebe angesichts der Wichtigkeit des Vorhabens eine öffentliche Ausschreibung. Für Ebe ist ein Einzäunen von Waldlager und Ruine notwendig. Die Form sollte allerdings nicht an ein Konzentrationslager erinnern und nicht provozieren. Es könne auch ein niedriger Maschendrahtzaun ausreichen.

In punkto Pflege sieht Ebe eine «gezielte Korrektur des Zustands» vor. Der Bewuchs solle nicht vollständig eliminiert werden. Die Vergänglichkeit sei schließlich ein Faktum. Erschlossen werden kann das Gelände durch einen gekennzeichneten Parkplatz. Rundwege zwischen Massengrab, Waldlager und Bunkerruine sowie ein etwas hochgestellter Steg über das Bunkergelände seien denkbar. Ebes Vorschlag sieht auch Sitzstufen auf dem Bunker vor, unspektakulär angeordnet, beispielswiese für Vorträge.

Ein Museumsgebäude am Bunkergelände, unter anderem mit Fundstücken ausgestattet, soll die Geschichte darstellen. Die äußere Form dürfe aber nicht an Baracken erinnern. Außerdem sieht Ebe einen Lehrpfad vor, der in Zusammenhang mit der bestehenden Ausstellung im Kreismuseum Mühldorf stehen soll. Schließlich soll ein Mahnmal an die tausende Opfer erinnern. Ebe schlug in den Boden geschlagene mannshohe Stämme in der Zahl der Opfer vor, «um das Ausmaß darzustellen.»

Die Mühldorfer Arbeitsgemeinschaft «Für das Erinnern» hält dagegen einen breiten, freien Rand als Abgrenzung des Bunkergeländes zum Wald für denkbar. Unter dem Bunkerbogen befindet sich ein Platz der Begegnung. Von einem Aussichtspunkt soll das Gelände zu überblicken sein. Der Weg vom Bunker zum Waldlager soll als Sichtachse überschaubar sein. Informationstafeln entlang des Weges informieren dort über Geschichte und Häftlinge. Die Arbeitsgemeinschaft schlägt die Freilegung des gesamten Waldlagers vor, ebenso wie die Rekonstruktion einer Häftlingshütte. Vom Waldlager führt ein Themenweg «Schuld und Sühne» zum Massengrab. Dort sieht die AG einen Ort der Stille mit Gebetshaus vor. Vom Massengrab führt der Themenweg «Und nun?» wieder zurück zum Bunkergelände. Daneben wünscht sich die AG einen Rundweg mit Aktuellem aus Kunst und Kultur.

Die Vorschläge der Münchner Arbeitsgruppe unter anderem besetzt mit Vertretern aus Regierung und der Denkmalpflege sieht, wie berichtet, ein «bescheideneres» Konzept vor. So sieht Dr. Zdenek Zofka von der für Gedenkstätten zuständigen Landeszentrale für Politische Bildung beispielsweise aus Kostengründen keine Möglichkeit, das Gelände mit Strom und Wasser zu versorgen. Über die Umsetzung eines Konzeptes entscheidet zunächst der Gesamtbeirat der KZ-Gedenkstätte Dachau, möglicherweise am 13. November, und letztlich die Staatsregierung.

Geschichtswerkstatt Mühldorf e.V.