Mühldorfer Anzeiger, 18. Oktober 2000

Erstes Geld für Bunker steht bereit

Mühldorf (rob) - Eine Gedenkstätte am Bunkergelände im Mühldorfer Hart - wann der Bau beginnt und wie die Gedenkstätte aussehen wird, bleibt aber unklar. Auch die Podiumsdiskussion der Mühldorfer Arbeitsgemeinschaft «Für das Erinnern» erbrachte keinen konkreten Zeitplan für die Zukunft der ehemaligen Rüstungsfabrik. Fest steht aber, dass es zum ersten Mal Geld für das Gelände gibt.

«Es gibt noch keinen Regierungsbeschluss. Aber ich bin optimistisch», so hat Dr. Zdenek Zofka, in der Landeszentrale für politische Bildung des Kultusminsterium, den Stand zur Errichtung einer Gedenkstätte auf dem Gelände des Rüstungsbunkers im Mühldorfer Hart beschrieben. Als Ursachen für seinen Optimismus führte Zofka unter anderem erste zweckgebundene Gelder aus einem Fördertopf der Bundesregierung für Gedenkstätten an. Bei der Diskussionsrunde am Dienstag abend im Haberkasten schlug Zofka vor, mit diesen 50000 Mark die Statik des Bunkerbogens zu überprüfen. Zudem sagte Zofka, dass das Bunkergelände bei Mettenheim jetzt offiziell Bestandteil der Gedenkstätte Konzentrationslager Dachau sei. Da diese Gedenkstätte beim Bund als förderungswürdig gilt, stehe auch Geld für eine Gedenkstätte am Bunkergelände bereit.

Der ehemalige Mettenheimer Häftling Max Mannheimer, Vorsitzender der Lagergemeinschaft Dachau, begründete die Bedeutung des Bunkergeländes damit, dass in äußerst kurzer Zeit zwischen zwei- und dreitausend Menschen dort umkamen. Mannheimer: «Das ist Holocaust in anderer Form, durch Vernichtung durch Arbeit». Noch steht eine Entscheidung der Staatsregierung über die Realisierung einer Gedenkstätte offiziell aus. Allerdings wertete Zofka die Teilnahme eines Staatssekretärs bei einer Gedenkveranstaltung am Bunkergelände im April als richtungsweisend.

Über die Form der Gedenkstätte herrschte weitgehend Konsens, wie Teilnehmer der Podiumsdiskussion mehrfach betonten.

Entsprechende Beschlüsse gibt es noch keine. Vorschläge ausgearbeitet hat eine Arbeitsgemeinschaft, zusammengesetzt aus je einem Vertreter der Landeszentrale für politische Bildung, dem Institut für Zeitgeschichte, dem Landesamt für Denkmalpflege, der Gedenkstätte Konzentrationslager Dachau und einem Architekturprofessor. Dieser Gruppe sind die umfangreichen Konzeptideen der Mühldorfer Gruppe «Für das Erinnern» bekannt.

In dem Konzept-Vorschlag der Münchner Arbeitsgemeinschaft vorgesehen sind laut Zofka unter anderem der Grunderwerb durch den Freistaat, ein niedriger Zaun samt Toren die morgens geöffnet und abends wieder geschlossen werden, ein Wegesystem an Ruine, Waldlager und Massengrab und Informationstafeln mit allgemeinen Themen zur Geschichte und speziell zum Mettenheimer Gelände. In weiteren Stufen könne die Gedenkstätte dann weiter ausgebaut werden.

Diese Vorschläge will die Arbeitsgemeinschaft laut Zdenek Zofka bei der nächsten Gesamtbeiratssitzung der Gedenkstätte Dachau am 13. November einbringen. Dort wird über ein Konzept entschieden. Und über die Vorschläge dieses Gremiums entscheidet als letzte Instanz die Bayerische Staatsregierung. Zofka sagte, dass der Bund willens sei, in punkto Grunderwerb den Freistaat zu unterstützen. Außerdem sei die Übernahme der Kosten für die Verkehrssicherung über zehn Jahre denkbar.

Während Zofka am Bunkergelände für eine «gewisse Bescheidenheit» plädiert, sieht Professor Johann Ebe von der Fachhochschule München unter anderem ein Museum vor Ort als angebracht. Ebe hatte vor längerem mit Studenten verschiedene Konzepte erarbeitet. Landrat Erich Rambold hat Hilfe zugesichert, das Gelände zugänglich zu machen - sollte es ein Konzept des Freistaates geben. «Ein Lehrpfad ist nach wie vor Absicht», sagt Rambold. Landestagsabgeordneter Lode (CSU) forderte eine umfassende Dokumentation in der Gedenkstätte Dachau und im Mühldorfer Heimatmuseum. Es geht nicht darum, das Bauwerk zu konservieren. Stattdessen solle die Geschichte jener Jahre ins Bewusstsein gerückt werden. Dies sei wichtig, weil die Erlebnis-Generationen davon irgendwann nicht mehr berichten könne.

Ein Ziel der Gedenkstätte Mettenheim fasste Dr. Hans-Jochen Vogel, bis vor kurzem Vorsitzender des Vereins «Gegen das Vergessen - Für Demokratie» zusammen. Es gehe nicht um die Konservierung eines Schuldkomplexes oder um Betroffenheitsrituale. Vogel zufolge geht es um das Schärfen des Bewusstseins in punkto Diktaturen und Menschenwürde. Auch angesichts der rechtsextremistischen Exzesse ist dies für Vogel ein aktuelles Thema.

Franz Langstein von der Mühldorfer Arbeitsgemeinschaft «Für das Erinnern» warnte vor der Umsetzung einer «Gedenkstätte light». Es gehe darum, der Geschichte und den Opfern gerecht zu werden. Langsteins Mitstreiter Josef Wagner: «Das Gelände hat einen Vergangenheitsaspekt, ja - aber noch wichtiger ist der Zukunftsaspekt.


18.10.2000

 

Geschichtswerkstatt Mühldorf e.V.